Die Nuss Nougat Verschwörung!

Für den reisserischen Titel möchte ich mich gleich entschuldigen, doch so falsch ist der nicht, denn in den letzten vier Monaten (so lange dauerte meine Recherche) bin ich auf sehr viele Ungereimtheiten gestossen und selbst vor Lügen schrecken die Hersteller nicht zurück. Klar, es geht ja auch um ein Milliardengeschäft und jeder möchte seinen Platz auf dem Frühstückstisch haben. Um zu verstehen, wie es dazu kommen konnte, fangen wir natürlich von vorne an, anfang der 70er Jahre. Und damit dies ebenfalls klar gestellt ist: Es handelt sich bei dem folgenden Artikel weder um Werbung, noch wurden dafür Leistungen gefordert oder angeboten!

Mit Jahrgang 64′ gehöre ich zur Babyboom-Fraktion, weshalb sich wohl viele an ihr erstes Nutellabrot erinnern werden. Es war damals, neben Ess-Zett-Schnitten (gibts die überhaupt noch?) und Mohrenköpfen der beliebteste Brötchenbelag von Kindern und Jugendlichen. Nicht selten gab es Dramen beim Einkaufen, wenn nicht sofort ein Nutellaglas in den Warenkorb gewandert ist. Da ich noch drei Brüder hatte, war die Überlebensdauer dieser Nuss-Nougat-Creme kaum länger als ein Tag, denn Frühstück war für uns immer eine Einstellungssache und keine Uhrzeit! So dauerte es nicht sehr lange, bis andere Hersteller auf diesen Zug aufsprangen und ähnliche Produkte auf den Markt brachen, wie zum Beispiel Nuspli von Zentis und viele weitere. Um Ernährung hat sich damals niemand geschert, denn dazu gab es hektoliterweise Limo mit Unmengen an Zucker und mehr künstlichen Aromen, als heute noch zulässig wären, doch unsere Gesellschaft verändert sich und ebenfalls der Markt im Bereich dieser Lebensmittel ist deutlich härter geworden.

Gab Ferrero noch vor wenigen Jahren zu, ein wenig am Rezept gebastelt zu haben, aber nur einmal, ist dies natürlich eine glatte Lüge, aber warum? Nutella ist ein Zufallsprodukt, so ähnlich wie Porzelan, welches erfunden wurde, als man versuchte Gold zu erzeugen (nur hat man in diesem Fall das Gold erfunden). So vergaß der Konditor Signore Ferrero einmal seine Pralinen kalt zu stellen, sodass diese zu einem Brei verschmolzen, der trotzdem hervorragend schmeckte, vor allem auf Brot. Wie üblich enthielten zur damaligen Zeiten solche Leckereien nur wenige Zutaten. In diesem Fall waren das überwiegend Haselnüsse, Zucker, Vanille und Kakao. Das Produkt wurde Anfang der 50er Jahre als „Super-Crema“ auf den italienischen Markt gebracht und war sofort der Hit, doch da in Italien schon damals Werbung verboten war, welche ein Produkt überhöht darstellte (Super wurde gleichgesetzt mit gesund), war Herr Ferrero gezwungen einen neuen Namen zu erfinden. Er entschloss sich aus dem englischen Nut (= Nuss) und ella (Verniedlichungsform in Italien) das Wort „Nutella“ zu machen, was etwa so viel heißt wie „Nüsschen„. Da es damals kein Palmöl gab, wie auch noch Jahrzehnte später, wurde mit Kakaobutter gearbeitet, so wie in der guten Pralinenherstellung üblich. Zusätzliche Fette kamen erst später dazu, auch wenn ich diese speziell nicht mehr herausfinden konnte. Zu vermuten sind Sonnenblumen- oder Rapsöl. Selbst in den 90er Jahren hätte die weltweite Ernte von Palmöl nicht ausgereicht um nur den Ferrero-Konzern zu beliefern, doch die Zuwächse an Palmöl-Plantagen steigen jedes Jahr schwindelerregend, denn es gibt fast nichts mehr, wo Palmöl nicht drin ist, ob Lebensmittel, Shampoo oder gar Bio-Sprit. Ist denn Palmöl nicht gesund?

Nein, obwohl gerne darüber angebliche medizinische Artikel veröffentlicht werden, sind die meisten Bestandteile für den Körper unbrauchbar, aber es ist eben das billigste Öl mit der höchsten Ausschöpfungsquote aller Öle. So ist der Gewinn aus einem kg Ölsamen bei Raps & Co. etwa 25 Prozent, während Palmöl mit fast 80 Prozent der reinste Freudenspender der Industrie ist. Derzeit ist deshalb die sicherste Anlage am Aktienmarkt eine Palmölplantage, egal öb Bio oder nicht, und dies weltweit! Es geht also um Geld, sehr viel Geld! So verwundert es auch nicht, dass fast alle Hersteller Palmöl in ihre Nuss-Nougat-Cremes hinein tun, immer etwa 30 Prozent und dazu einen noch billigeren Inhaltsstoff, Zucker, bei Nutella sogar noch mehr als bei allen anderen, nämlich fast 54 Prozent, statt der üblichen 50 Prozent. Haselnüsse sind teuer und vor allem sehr vom Ernteergebnis abhängig, welches vom Wetter abhängig ist, welches dem Weltklima unterliegt. Sie merken da etwas? Ja, es ist ein Teufelskreis. Je mehr Urwälder gerodet werden oder bereits gerodete Urwälder in Monokulturen umgewandelt werden, desto geringere Aussichten haben die Hersteller auf gute Ernten anderer Zutaten. Deshalb liegt der durchschnittliche Anteil von Haselnüssen zwischen 13 Prozent (z.B. Nutella und viele andere) bis tatsächlich 36 Prozent, bei einigen wenigen Edelherstellern. Natürlich kosten die wesentlich mehr, als der Urvater aller schokoladigen Brotaufstriche, und da bin ich alleine im Raum Marburg auf über 40 verschiedene Sorten und Hersteller gestossen. Doch ist Bio gleich gesund und teuer gleich besser?

Leider nein, denn eine Marktanalyse von Ökotest hat herausgefunden, dass nur zwei Cremes von 20 als befriedigend, doch nicht zum täglichen Verzehr geeignet sind, da sich in den allermeisten Brotaufstrichen Bestandteile von Mineralöl finden ließen, und wer schmiert sich das schon freiwillig aufs Frühstücksbrötchen? Eben! Natürlich gibt es auch Ausnahmen, wie ein Bio-Hersteller aus Italien/ Toskana, welcher nicht nur keine Öle verwendet, sondern ebenfalls keinen Zucker, sondern zumindest Bio-Honig, auch wenn dies im eigentlichen Sinne ebenfalls kein gesundes Lebensmittel für jeden Tag ist. Ob man jetzt komplett auf diese Sorte Brotaufstrich verzichten will, bleibt jedem selbst überlassen, und sowieso gehört Nuss-Nougat-Creme derzeit nicht zum beliebtesten Brotaufstrich der Deuteschen, denn da liegt Marmelade auf Platz eins, gefolgt von Honig und dann erst kommt die Schokocreme, die immherin noch von fast 40 Prozent der Deutschen regelmäßig gegessen wird.

Ich bastele gerade an einer eigenen Rezeptur, aber wollte hier nicht die Dinge vermischen und hoffe, ich habe mit meinem kleinen Artikel niemandem die Vorweihnachtszeit versaut! Im Übrigen habe ich 7 Cremes selbst getestet, die alle fast gleichgut geschmeckt haben, doch auf Grund der billigen und ungesunden Inhaltsstoffe keine Wiederholung bei mir finden werden.

Ihr, Arno von Rosen

sieben-fruchtaufstriche
kann man selber machen, muss man aber nicht 🙂

29 Kommentare Gib deinen ab

  1. bineunger sagt:

    Lieber Arno, in meiner Kindheit gab es ab und an mal „Käpt’n Nuss“, aber nur Sonntags.
    Nutella wurde am Anfang (jetzt leider nicht mehr) mit Haselnüssen aus Piemont hergestellt. Für mich die Besten der Welt. Papa Boschi wusste, wie sie schonend geröstet werden und vaccum verpackt. Die befinden sich immer in meinem Koffer nach Kanada . Meine Nougat creme besteht aus den Piemonter Haselnüssen, gepulvertem Kokosblüten Zucker, Kakao, Vanille und eine Prise Salz. Das esse ich auch ohne Brot, sozusagen als “ Löffelpraline“
    Sommerlichen Gruss aus Quebec

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    1. Liebe Sabine, als Kinder haben wir das Zeug gläserweise weggefuttert und es stimmt, damals wurde noch mit dem großen Anteil an Piemonter Haselnüssen Werbung gemacht. Ich würde gerne dein Rezept ausprobieren, nur leider weiß ich nicht, wie ich die Haselnüsse wirklich fein cremig mahlen kann, denn sonst hat man immer so ein körniges Gefühl auf der Zunge. Beste Grüße aus dem sommerlichen Marburg nach Kanada 🙂

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      1. bineunger sagt:

        Ich bekomme es mega cremig in meiner “ Küchenmaschiene“ mit einem S geformten Messer. Das ist die Küchenmaschine mit x Messerscheiben zum Raspeln, Schnibbeln, in Scheinen schneiden ( die benutze ich allerdings nie). Mit der Maschine wird mein Hummus auch super.
        Bei manufactum gibt es aber auch eine mega leckere Piemonter Haselnuss creme .
        Liebe Grüsse Sabine

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  2. Labby sagt:

    Danke für diesen interessanten Artikel. Dass Nutella weder für Umwelt, Klima oder den eigenen Körper gesund ist hatte ich ja schon öfter gelesen, aber diese ausführliche Darstellung war schon interessant. Bei uns kommt sowas ohnehin nicht auf den Tisch 😉 Liebe Grüße

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    1. Hallo Labby, vielen Dank für deinen Kommentar und herzlich willkommen bei den Kommentaren!

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  3. Hallo Arno, ein sehr schöner und fundierter Beitrag, so etwas zu lesen macht echt Spass. Die eigentlich Frage ist aber, kann ich meinen Enkel davon überzeugen, der das Zeug lieber mit dem großen, statt dem kleinen Löffel auch noch heimlich aus der letzten Rille des schon 2 x leeren Glases kratzt?😂

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    1. Hallo Rainer, vielen Dank für dein Lob und herzlich willkommen bei den Kommentaren! Als Kinder haben wir das Zeug ebenfalls gläserweise verdrückt, doch es gibt da ja noch viel mehr. Wenn sich dein Enkel nur auf Nutella beschränkt sehe ich eigentlich keine Probleme, aber Zucker ist heute fast überall drin, gelle?

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  4. essen589.com sagt:

    Hihi Arno, das ist interessant.
    Wir haben noch nie Nutella gekauft. Heute essen „wir“ lieber (Bio-)Erdnussbutter chrunchy aufs Brot. Auf Dein Rezept freut sichs Frauchen, weil sie auch nicht nur Zucker essen möchte, sondern lieber proteinreiche Nüsse. Sie hat auch früher Mohrenküsse auf Brötchen gegessen, den beliebten selbstgemachten Pausen-Schulsnack…
    Viele Grüsse,
    Steve

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    1. Lieber Steve, hab dank für deine Gedanken und schade, dass du bei immerhin 9 gesamten Leben nie ein solches Brötchen verdrücken wirst 😀 Dafür gibts an Weihnachten hoffentlich etwas Leckeres mit Fisch, denn du befindest dich ja in den allerbesten Händen 🙂

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  5. Erika sagt:

    Vermutlich bin ich eine der Letzten, die auch heute noch Nutella isst. Mit Jahrgang 65 und 2 Brüdern und dem seltenen Genuss von dem teuren Nutella aufgewachsen, steht es heute noch in meinem Schrank und wird es auch weiterhin. In letzter Zeit wird immer etwas in den Himmel gelobt und in den Abgrund verteufelt, gestern noch gesund, morgen ungesund. Ich wünsche mir den gesunden Menschenverstand und Ausgewogenheit. Aber das liebe Wetter kriegts ja auch nicht hin mit derzeit 18 C. 😰 vor 2 Monaten hätten wir uns gefreut. Danke lieber Arno für deine Recherche

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    1. Keine Bange liebe Erika, Millionen essen Nutella und weiterhin hat die Weisheit Gültigkeit, „die Dosis macht das Gift!“ Selbst Fliegenpilze sind in kleinen Mengen verträglich, wieso solltest du dann auf deinen Kindheitstraum verzichten? Beste Grüße aus Marburg zu dir 🙂

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  6. Arabella sagt:

    Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen (Weihnachts)Mann.🤣🤣🤣🤣

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    1. Hi Hi Hi, das waren noch Zeiten, als man exklusive Schokolade ablehnte und lieber einen Mann wollte 😀 Ich wünsche dir jedenfalls den Mann den du verdienst, egal ob aus Schoki oder nicht 😉

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  7. Flowermaid sagt:

    … luv it … deinen Kommi… und Brotaufstriche sind industriell angeboten sehr obskur… du möchtest keinen Lebensmittel Chemiker jemals freundschaftlich gekannt haben… *seufz* und danke für die Rezepturen…

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    1. Wie mal jemand sagte, „je weniger auf der Verpackung steht, desto besser ist der Inhalt!“ So ist es 🙂 Ich wünsche dir einen wunderbaren Mittwoch liebe Blumenfee!

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      1. Flowermaid sagt:

        … wahr und klar… *lächelgrüße*

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  8. Ludwina sagt:

    sehr interessant. Ich habe mal in einer Hausarbeit den Rückgang von Regenwäldern durch Palmöl-Plantagen anhand von Satellitenbildern ermittelt. Danach möchte man nie wieder Nutella essen 😀

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    1. Ja, so etwas kann einem schwer den Appetit verhageln! Zum Glück gibt es Alternativen, auch wenn man danach etwas suchen muss 😉

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  9. Ulli sagt:

    Gut, war ich noch nie Fan von diesem Zoix, überhaupt bin ich keine „Süße“ in Bezug auf Brotaufstriche, aber auf dein Rezept bin ich trotzdem gespannt, damit könnte man dann ja vielleicht hier und dort jemanden Freude bereiten!
    Und was du über Palmöl schreibst, herrjeh ja … es geht wahrlich ohne!
    Liebe Grüße
    Ulli

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    1. Danke liebe Ulli, ich arbeite an Weihnachten daran 😉 ❤

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  10. FEL!X sagt:

    Habe alles mit Interesse gelesen und bestätigt bekommen, was auch ich mal recherchiert habe.
    Kein Rezept bei dir? – Ich habe längst eines kreiert! Mit Kastanien und Schokolade. Dieses schmeckt sogar noch besser, als die überzuckerten Aufstriche von den Marktführern.
    Wo? Selbstverständlich auf meinem Blog unter «Kastaniencreme»!

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    1. Klasse FEL!X und vielen Dank fürs Lesen. Verlink doch einfach dein Rezept bei mir, dann müssen hier nicht alle deinen Brotaufstrich suchen 😉

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      1. FEL!X sagt:

        Hier ist meine Kastaniencreme:
        https://felix.kitchen/2018/02/07/kastaniencreme-brotaufstrich/
        Werde auch gleich wieder mal welche zubereiten!

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  11. Lieber Arno, mir hast Du nichts versaut. Nach jahrelangem Verzicht auf Schokocremes bin ich letzte Woche allerdings rückfällig geworden, denke aber, dass das nur vorübergehend ist, da ich meinen Brotkonsum insgesamt reduziert und durch anderes ersetzt habe, wie zum Beispiel Porridge. Aber manchmal darf es doch noch oder wieder Brot sein. Mal so, mal so. Marmelade habe ich auch wieder entdeckt. Leckere und liebe grüße aus Berlin.

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    1. Liebe Wolkenbeobachterin, ich kann dich sehr gut verstehen, weil auch ich gerne am Wochenede meine Creme auf dem Brot haben möchte 😉 Selber machen wäre natürlich toll, aber bitte ohne Geschmacksverlust 😉 Brot backe ich schon seit Jahren selber, was hilft mich einigermaßen gesund am Leben zu halten 😀 Meine allerbesten Grüße aus Marburg!

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      1. lieber arno, ich hatte tatsächlich mehrere jahre kein bedürfnis nach der creme, aber jetzt vor ein paar tagen überkam es mich. so geht das manchmal. *g*
        brot selbst backen, das ist eine feine sache. ist bei mir schon etwas länger her. finde ich toll, dass du das machst. und auf dein süßes rezept bin ich gespannt. 🙂
        nachtgrüße nach marburg.

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      2. Gutenmorgengrüße in die Provinz 😀

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  12. Mercuria Sólveig sagt:

    Ich mach mir die Nougatcreme (und auch Mandelcreme) seit ein paar Jahren selbst und bin sehr glücklich damit. Kein komisches Zeugs mehr drin…

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    1. Willkommen bei den Kommentaren und wenn du ein schönes Rezept hast, kannst du es hier gerne beschreiben oder verlinken!

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